Leben unserer Schafe
Wanderschäferei ist eine der wenigen weitestgehend artgerechten Nutztierhaltungen unserer Zeit. Das hat nichts damit zu tun, dass unsere Tiere von Morgens bis Abends gepampert werden. Es hat in erster Linie damit zu tun, dass unsere Schafe ein Leben führen, auf das sie die Natur sie über Jahrtausende vorbereiten konnte.
Im Lauf der Jahreszeiten
Wie funktioniert Wanderschäferei
Als reine Wanderschäferei sind wir mit unserer Herde das ganze Jahr über draußen unterwegs. Während der Sommermonate beweiden wir zur Zeit etwa 135ha artenreiche Wacholderheide im Südosten der Schwäbischen Alb, zwischen Schelklingen, Allmendingen und Ehingen an der Donau. In den Wintermonaten ziehen wir mit der Herde durch Oberschwaben bis ins württembergische Allgäu und nach Ravensburg.
Wir sind das ganze Jahr mit der Herde auf der Reise. Wechseln ständig unseren Standort und bieten unseren Tieren reichlich Abwechslung und eine sich ständig verändernden Umgebung. Unser Ablauf richtet sich dabei stets nach den Jahreszeiten und den sich damit verändernden Wetterbedingungen. Je nach Jahreszeit spricht man von den Sommer-, Herbst- oder Winterweiden.
Wir arbeiten fast ausschließlich im Hütebetrieb
Während des Tages sind wir viele Stunden mit der Herde unterwegs und setzen dabei auf die Unterstützung durch unsere Hunde. Gezäunt werden unsere Schafe meist nur während der Nacht oder an speziellen Schattenplätzen in der Mittagshitze des Sommers.
Was bedeutet das für unsere Schafe?
Unsere Schafe führen ein weitgehend freies und selbstbestimmtes, aber eng betreutes Leben in Freiheit. Der ständige Kontakt während der Hütezeiten sorgt für einen vertrauensvollen Umgang. Die fortlaufende Reise und Abwechslung im Futterangebot motiviert unsere Schafe zu ständiger Bewegung. Sie wählen ihr Futter immer selbst aus dem abwechslungsreichen Angebot unserer Weidegründe.
Tierwohl vs. Artgerechte Nutztierhaltung
Warum unsere Form der Tierhaltung etwas besonderes ist.
Wenn man sich mit guten Haltungsbedingungen für Nutztiere auseinandersetzt, stellt sich schnell Ernüchterung ein. Man kann eigentlich direkt seine Kreuzchen im Tierwohl-Bullshitbingo machen. Freiland, Ringelschwänzchen, In-vitro-untersuchungen beim Ei. Alles Begriffe, die die aktuelle Diskussion um Tierwohlprodukte bestimmen. Alles wichtige Themen, aber meist nur winzige Teilaspekte und auf einem traurig niedrigen Niveau.
Die heutigen Nutztierhaltungen sind in erster Linie auf Produktion “optimiert”. Dabei hat man ohne lang nachzudenken, die natürliche Verhaltensweisen von Tieren einfach wegrationalisiert. Zucht wird ins Extreme getrieben. Begriffe wie Massentierhaltung täuschen darüber hinweg, dass es nicht nur um die Größe von Nutztierbeständen geht. Es geht um eine vom Lebewesen und dessen Entwicklungsgeschichte, vom natürlichen Verhaltenen entkoppelte, fast maschinisierte Produktion.
Die artgerechte Nutztierhaltung aber ist eine vom Tier ausgehende Haltungsform. Wir machen uns die natürlichen Verhaltensweisen unserer Tiere zu nutze und fördern sie aktiv.
In der Wanderschäferei ist Tierwohl systemisch bedingt.
Das Leben als Schaf in einer Wanderschafherde ist zwar hart, aber sie stehen vor Herausforderungen, die sie bewältigen können. Unsere Schafe führen das Leben, auf das die Natur sie vorbereitet hat.
Wir haben und brauchen keinen vollklimatisierten Stall und sind auf natürlich gewachsenes Futter angewiesen. Unsere Herde muss sich sich ihr Futter selbst “erbeuten” und den Herausforderungen langer Reisen und Märsche stellen. Mutterschafe und Böcke leben ihr Liebesspiel. Sie wählen selbst den richtigen Moment, sind zärtlich zueinander und paaren sich auf natürliche Weise. Unsere Schafe können ihre Rolle und Verantwortung als Mütter ausfüllen und wachsen selbst unter der Fürsorge ihrer Mutter auf.
Als Schäferinnen und Schäfer ist es unsere Aufgabe unsere Schafe in diesem Leben zu begleiten. Wir greifen dort ein, wo wir sinnvoll unterstützen können. Wir suchen nach gut geeignetem Futter und teilen es über Tage in gleichmäßige Rationen auf. Wir behandeln, wo Tiere krank werden und Versorgung brauchen. Wir unterstützen bei der Geburt, helfen wenn es mal schwieriger oder Mutterschafe vielleicht auch einfach erstmal überfordert sind.
So ringen wir der Natur ein “mehr an Produktion” ab. Sind die Lämmer dann alt genug, löst sich die Bindung zur Mutter etwas. Wir wählen dann Tiere, die am besten für ein Leben in unserer Herde vorbereitet sind zur Nachzucht aus. Der “Überschuss” ist dann der Ertrag von dem wir leben und von dem wir ein Teil der laufenden Kosten unseres landwirtschaftlichen Betriebes decken.
Die Schlachtung unserer Schafe
Die Schlachtung spielt in der Tierwohl-Diskussion eine ziemlich herausgestellte Rolle. Dabei steht eigentlich ein einzelner Tag, einem ganzen gelebten Tierleben gegenüber. Nach einem beschissenem Leben, ist der allerletzte Tag sicher nicht der ausschlaggebendste. Zumal die Tiere danach, ganz nüchtern betrachtet, tot sind und auch nicht mehr unter erlittenen Traumata leiden müssen.
Trotzdem wird beim Tierwohl schnell an die Bedingungen im Schlachthaus gedacht. Das hängt damit zusammen, dass die Schlachtung von außen betrachtet, einen besonders brutaler Akt ist. Der Tot ist der denkbar härteste und unvermeidlicher Schnitt im Leben von Nutztieren.
Auch wir können uns dem nicht entziehen und versuchen, den letzten Tag im Leben unserer Schafe einigermaßen respektvoll zu gestalten. Es ist nur konsequent, nach einem relativ gutem Leben, auch einen möglichst guten Abschluss zu finden. Ob das am Ende dann auch unserem Gewissen, und nicht vorrangig unseren Schafen dient, bleibt einfach mal dahingestellt.
In unserem Blog hat Sven einmal einen typischen Schlachttag und die Auswahl der Tiere zur Schlachtung für unsere Wurstwaren geschildert. Ihr könnt euch ein Bild vom Vorgang machen und habt einen Einblick in die Gedanken die uns dabei so umtreiben.
Hast Du offene Fragen?
Wenn Du Fragen zu unseren Schafen, unserer Arbeitsweise, Haltungsbedingungen oder dem Alltag in einer Wanderschäferei hast, kannst Du dich gerne an Sven wenden.
Wanderschäfer Sven de Vries
Sven kümmert sich neben der Herde auch um die Vermarktung, ist Ansprechpartner für Kund*innen und Interessierte, macht die technische Umsetzung, betreut den Online-Shop und unseren Newsletter.